Julius Hübner                            1862

1806 – 1882

 

 

Der Dämon

 

Ein Dämon sitzt im Hirne des Poeten,

Ein wunderlich kurzweiliger Geselle,

Er modelt und belebt mit Blitzesschnelle

So Thier wie Menschen, Welten und Kometen.

 

Bald greift er in die Zukunft, wie Propheten,

Dann wieder rückwärts nach der Zeiten Schwelle,

Begleitend folgt er jeder Lebenswelle,

Zeigt uns am Ziel des Jenseit Morgenröthen.

 

Doch nur nach Innen kann er so gestalten,

Nach Außen ist sein Maaß von Kraft gering

Und hülflos muß er da erfunden werden.

 

Doch bleibt’s ein Geist, dess’ wunderbares Walten

Verklären kann auch das geringste Ding,

Des Schöpfers reinster Abglanz hier auf Erden.

 

 

 

Das stille Haus

 

Das stille Haus dort unter alten Linden,

Wie ist es heut’ so doppelt still, das Haus?

Ach! seine Herrin trugen sie hinaus,

Das stille Haus, das letzte ihr zu gründen.

 

Zum letzten Male sah sie Garben binden,

Der Traubenlese frohen Saus und Braus,

Und kommt der Winter nun mit Sturm und Graus,

Wird er sie still in Frieden schlafend finden.

 

Dann schüttelt er die grauen Nordsturmflügel,

Streut seine weichen, weißen Schlummerdecken

In Flocken rieselnd über ihren Hügel.

 

Und wird der Lenz die Blüthen auferwecken,

Blüht ihrer seele Immortellenblume

Den ew’gen Lenz in Gottes Heiligthume.